Dienstag, 6. Dezember 2011

Rezension: Delphine de Vigan - Ich hatte vergessen, dass ich verwundbar bin

http://kristinfriedrich.files.wordpress.com/2011/02/ich-hatte-vergessen-dass-ich-verwundbar-bin.jpgAutor: Delphine de Vigan
Titel: Ich hatte vergessen, dass ich verwundbar bin
Seiten: 252
Genre: Belletristik
veröffentlicht: 2010 bei Droemer
Originalausgabe: 2009, Frankreich
 
Kurzbeschreibung:
Hoffen wir nicht alle immer wieder einmal auf eine Begegnung, die unser Leben verändert und zum Guten wendet?
Mathilde hält sich für eine starke Frau, tatkräftig und entschlossen. Sie ist alleinerziehende Mutter von drei wundervollen Jungen, und sie liebt ihre Arbeit. Wozu sollte sie sich eine Veränderung wünschen?
Doch die Veränderung kommt. Mathildes Chef beginnt sie zu mobben, immer stärker leidet sie unter der Situation im Büro. Da prophezeit ihr eine Wahrsagerin eine ganz besondere Begegnung, und Mathilde hofft. Doch worauf? Auf die Rückkehr ihrer alten Stärke? Oder auf die Begegnung mit einem ganz besonderen Mann? Der prophezeite Tag bricht an.
 
Über die Autorin:
Delphine de Vigan, 1966 in Paris geboren, lebt dort mit ihren beiden Kindern. Sie arbeitet in einem soziologischen Forschungsinstitut. Ihr Roman „No & Ich“, für den sie zwei renommierte literarische Preise erhielt, den Prix des Libraires und den Prix Rotary International, erschien 2009 bei Droemer. „Ich hatte vergessen, dass ich verwundbar bin“ brachte ihr eine Prix-Concourt-Nominierung ein.
 
Rezension:
Mathilde lebt ein schweres Leben, aber auch ein glückliches. Nachdem ihr geliebter Mann vor zehn Jahren verunglückt ist, muss sie das Leben mit ihren drei Söhnen alle meistern. Nach dem ersten Schockzustand scheint sie es auch zu schaffen. Bis sie einmal ihrem Vorgesetzten widerspricht und er sie daraufhin immer stärker mobbt. Zunächst entzieht er ihr nacheinander all ihre Aufgaben, danach wird ihr Büro verlegt, letztlich bekommt sie sogar eine Abmahnung, weil sie ihn beleidigt haben soll – es ist der 20. Mai. Der Tag, den ihr die Wahrsagerin als etwas Besonderes prophezeit hat.
Von einem Moment auf den anderen scheint ihr Leben eine einzige Katastrophe. Der Mann, mit dem sie vorher so eng und gut zusammengearbeitet hat, macht ihr Leben zur Hölle. Ihre Kollegen beugen sich ihrem Chef, sie steht alleine da.
Thibault ist Arzt. Obwohl er nur acht Finger hat. Da er so seinen Wunsch, Chirurg zu werden, nicht verwirklichen konnte, hat er erst einmal die Praxis eines Hausarztes übernommen, ist dann aber von seinem Heimatörtchen ins große Paris gezogen und arbeitet dort seit Jahren als Assistenzarzt. Sein Alltag findet vor allem in seinem Auto statt, mit dem er von einem Patienten zum anderen fährt und mit dem Verkehr von Paris kämpft. Lila, mit der er ein Verhältnis hat und in die er verliebt ist – er hat sie verlassen. Denn sie liebt ihn nicht, sie konnte ihn nicht lieben, warum, ist ihm unerklärlich. Doch nun hat er einen Schlussstrich gezogen, am Morgen des 20. Mai. Mit letzter Kraft absolviert er seine Patientenbesuche. Auf dem Weg nach Hause beschließt er wegen riesigem Stau die Metro zu nehmen.
Dort begegnet er Mathilde. Die beiden werden aufeinander aufmerksam.
 
Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich das Geschehen in gewisser Weise vorausgeahnt. Ich dachte, sie treffen sich und auf irgendeine Art kommen sie sich näher, geben sich gegenseitig Halt, den sie so dringend brauchen. Doch es kommt anders, als man denkt.
 
Der Schreibstil der Autorin hat mir außerordentlich gut gefallen. „Ich hatte vergessen, dass ich verwundbar bin“ ist der erste Roman, den ich von ihr gelesen habe, doch er wird garantiert nicht der letzte bleiben. Sie schreibt sehr kurze Sätze, die allesamt sehr pregnant sind. Man vermisst nichts. Die Kapitel sind auch sehr kurz, oft wird zwischen Mathile und Thibault hin und hergewechselt. Es ist immer übersichtlich und trotz der Handlung, die man zu kennen glaubt, bleibt es immer hochgradig spannend.
Heutzutage sind viele Menschen in ähnlichen Situationen wie Mathile und Thibault. Ganz auf sich allein gestellt, versuchen sie das Leben zu meistern. Oft fallen sie durch und kämpfen sich wieder hoch. Das nächste Mal fallen sie tiefer. Irgendwann ist das Loch, in das sie fallen, zu tief, als dass ein Herauskommen noch möglich wäre.
 
 
Fazit:
 
Ein recht schmales Büchlein, das mit zutiefst bewegt hat. Eine gewöhnliche Geschichte unser Realität, die ungewöhnlich erzählt wird.

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